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Die Wahrheit über Steve Jobs’ „Reality Distortion Field“

Die Ankündigung des iPhone im Januar 2007 zählt zu den besten Produktpräsentationen überhaupt (s.u.). Was viele halb ehrfürchtig, halb ironisch als „Reality Distortion Field“ bezeichnen, und was damals so leicht schien, war in Wahrheit das Ergebnis eines unglaublich aufwändigen Prozesses.

Die New York Times hat letzte Woche, anlässlich des zweiten Todestages von Steve Jobs, eine Reportage über die faszinierende Geschichte zur Entstehung des iPhone veröffentlicht. Ein großer Teil der Story schildert die Vorbereitungen der Präsentation. Die wichtigste Lehre daraus: Eine herausragende Präsentation wie die des iPhone verlangt einen gewaltigen Kraftakt:

From Thursday through the end of the following week, Apple completely took over Moscone. Backstage, it built an eight-by-eight-foot electronics lab to house and test the iPhones. Next to that it built a greenroom with a sofa for Jobs. Then it posted more than a dozen security guards 24 hours a day in front of those rooms and at doors throughout the building.

Das ganze Personal, inklusive Steve Jobs selbst, wohnte also praktisch im Moscone-Center, wo die Veranstaltung stattfand; und zwar nicht erst einen Tag vor der Präsentation, sondern ganze 1,5 Wochen lang.

5 Tage davon stand Steve Jobs auf der Bühne, um die Präsentation zu üben. 5 Tage als Vorstandschef eines Weltkonzerns. Schätzen Sie mal, wie viele Minuten die Vorstände der deutschen Großkonzerne im Durchschnitt vor einer wichtigen Präsentation üben.

Was die Präsentation besonders heikel machte: Das iPhone war noch gar nicht fertig. Im Januar 2007 gab es immer noch lediglich ein paar Prototypen. Die Software war noch lange nicht fertig, Fehler waren zahlreich und quälten die Entwickler. Und sie erschwerten die Planung der Präsentation:

It’s hard to overstate the gamble Jobs took when he decided to unveil the iPhone back in January 2007. Not only was he introducing a new kind of phone – something Apple had never made before – he was doing so with a prototype that barely worked. … The list of things that still needed to be done was enormous. … The iPhone could play a section of a song or a video, but it couldn’t play an entire clip reliably without crashing. It worked fine if you sent an e-mail and then surfed the Web. If you did those things in reverse, however, it might not. Hours of trial and error had helped the iPhone team develop what engineers called “the golden path,” a specific set of tasks, performed in a specific way and order, that made the phone look as if it worked.

Es ist diese Akribie, dieser unbedingte Wille, es immer und immer wieder auszuprobieren, hier etwas zu verändern, dort nochmal etwas neues zu versuchen, der dazu führt, dass am Ende alles so leicht wirkt. Steve Jobs wollte nicht einfach seine Produkte zeigen. Er wollte die Welt begeistern, wollte dass jeder Besucher im Saal aus der Präsentation heraus geht und so ein Gerät haben möchte.

Manche nannten es das „Reality Distortion Field“; in Wahrheit war es die Besssenheit, dass einfach alles perfekt funktionieren musste. Das, was Steve Jobs’ Präsentationen von anderen unterschied, war sein unbedingter Wille zur Perfektion. Er wollte unbedingt die echte Hardware zeigen, keine vorgefertigten Filme oder vorprogrammierten Sequenzen. Es mag unbedeutend scheinen, doch es macht einen gewaltigen Unterschied. Zu sehen, wie etwas funktioniert, ist für das Publikum etwas völlig anderes, als bloß glauben zu müssen, dass es funktioniert.

Viele scheuen den Aufwand, eine Live-Demo so vorzubereiten, dass sie funktioniert. Viele haben Angst, dass etwas nicht so funktioniert, wie es soll. Deshalb verzichten sie lieber darauf. Doch wer Begeisterung für sein Produkt säen will, der muss das echte Produkt zeigen.

Und noch etwas trug zu diesem „Reality Distortion Field“ bei. Jobs wollte, dass das Publikum sich fühlt, als würde es selbst das Gerät bedienen. Jeder im Publikum sollte nachvollziehen können, wie es sich anfühlt, seine Geräte zu bedienen.

Normalerweise wird dazu eine Kamera verwendet, die dem Vortragenden über die Schulter schaut, während er das Gerät bedient. Das ist meist wackelig, liefert schlechte Bildqualität und bleibt schwer erkennbar, weil die Finger des Bedieners den Bildschirm verdecken. Jobs bestand deshalb darauf, dass der Bildschirminhalt des iPhones auf die Projektionsfläche weitergeleitet wird. Ein zusätzlicher technischer Aufwand in dem halb-fertigen iPhone, für den Jobs die Ingenieure wochenlang Überstunden machen ließ:

No one knew whether the extra electronics Jobs demanded the demo phones include would make these problems worse.

Jobs wanted the demo phones he would use onstage to have their screens mirrored on the big screen behind him. To show a gadget on a big screen, most companies just point a video camera at it, but that was unacceptable to Jobs. The audience would see his finger on the iPhone screen, which would mar the look of his presentation. So he had Apple engineers spend weeks fitting extra circuit boards and video cables onto the backs of the iPhones he would have onstage.

Die Wirkung verfehlte das nicht. Die iPhone-Präsentation ist noch heute, fast sieben Jahre später ein Musterbeispiel für eine gelunge Produktvorstellung. Doch Zufall war das nicht, auch nicht die magische Fähigkeit eines genialen Präsentators.

Steve Jobs’ „Reality Distortion Field“ war das Ergebnis äußerster Sorgfalt in der Vorbereitung:

  1. Das Streben nach Perfektion in der Vorbereitung der vorzuführenden Produkteigenschaften. Das schließt auch eine sorgfältige Planung ein, was überhaupt in welcher Reihenfolge vorgeführt wird, also die Planung der Story.
  2. Das Streben nach dem besten Erlebnis für das Publikum. Nicht das Publikum soll sich quälen, sondern der Vortragende, damit das Verständnis des Publikums so einfach wie möglich wird.
  3. Üben. Üben. Üben. Es ist eine Binsenweisheit. Aber eine wahre. Wer nicht übt, wird nicht souverän auf der Bühne stehen.

Der Artikel der New York Times enthält viele weitere faszinierende Anekdoten zur Entstehung des iPhones und ist unbedingt lesenswert. Unbedingt sehenswert ist, auch zum wiederholten Mal, die Präsentation des iPhones:

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Picture of Dr. Michael Gerharz

Dr. Michael Gerharz