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Eine Cola mit Zitrone

Zitrone des Monats

Der Jahreswechsel ist die Zeit der Rückschau und der Planung für das nächste Jahr. Das gilt natürlich auch für die Finanzplanung großer Konzerne. Eine wunderbare Gelegenheit, Investoren und Analysten einen positiven Eindruck vom eigenen Unternehmen zu geben und das Vertrauen in die Investition zu stärken, umso mehr wenn die Zahlen selbst bereits glänzen.

Wie man solch eine Gelegenheit aber auch richtig vergeigen kann, zeigt der Coca-Cola-Abfüller Coca-Cola West aus West-Japan mit seiner Präsentation der Ergebnisse für 2007.

Beispielfolie 1

Beispielfolie 2Beispielfolie 3
Die Beispiele sehen nicht nur billig aus, sie sind auch offenbar mit wenig Sorgfalt vorbereitet worden. Das Layout ächzt an allen Ecken und Kanten durch Anfängerfehler (z.B. Überlappungen und Inkonsistenzen), auch Rechtschreibfehler schleichen sich ein (z.B. “Coca-Cole”). Das Foliendesign schreit einen geradezu an mit seinen schrillen Farben. Die unendlich vielen Farbverläufe wirken nicht nur verspielt, sondern wecken einen unseriösen Eindruck. Die Folien sind hoffnungslos überfüllt mit Details, so dass die Kernaussagen völlig im Rauschen untergehen. So geht es übrigens 75 Folien lang zu (fairerweise: bei Folie 50 beginnt das Referenzmaterial). Ein Leser des Blogs Presentation Zen schreibt dazu in den Kommentaren: “Seems that coca is still a major ingredient of their sugared beverages.”

Übrigens läuft auch der Einwand ins Leere, das Ganze müsse so ausführlich sein, weil es ja gleichzeitig als Handout für die Analysten dient. Erstens ist es ungeheuer mühsam, sich durch dieses unübersichtliche Material durchzuarbeiten und die wesentlichen Informationen oder gar die groben Trends herauszufiltern. Damit ist es als Handout genauso untauglich wie als Präsentationsmaterial. Außerdem gibt es für die vergangenen Jahre durchaus sehr ansehnliche “Annual Review“-Dokumente. Echte Dokumente, die alles besser machen als diese merkwürdigen Folien. Sie sind übersichtlich strukturiert, liefern klare Aussagen und sehen auch noch gut aus, z.B. dieses einfache Diagramm:

Beispieldiagramm aus dem Annual Review 2006 der Coca-Cola West

[gefunden bei Presentation Zen]

Links zu diesem Thema:

Zitrone des Monats März 2008
Coca-Cola West
Präsentationsunterlagen der Coca-Cola West
Annual-Review-Dokumente der Coca-Cola West

Was man bei technischen Präsentationen vermeiden sollte

Screenshot des Videos

Technische Präsentation sind besonders anfällig für quälende PowerPoint-Vorträge. Wer schon einmal eine mehrtägige technische Konferenz besucht hat, kann davon sicher ein Lied singen. Der Kampf gegen das Einnicken ist häufig nicht zu gewinnen, wenn hoffnungslos unübersichtliche Diagramme, leere Worthülsen (“content enablement”) und fehlerhafte Programmdemos auf einen niederprasseln.

Bei der letztjährigen MEDC, Microsofts Konferenz für “mobile and embedded devices”, haben sich vier Microsoft-Mitarbeiter einen Spaß daraus gemacht, die gröbsten Fehler bei technischen Präsentationen in einem Video nachzustellen. Wenn man nicht wüsste, das es Spaß ist, man könnte es glatt für echt halten. So traurig ist das oft auf Konferenzen; und so gut haben die vier das nachgestellt.

[gefunden bei Speak Schmeak]

Lästern kann jeder

Daumen runter, Daumen hoch

Lästern kann jeder. Aber wenn’s um’s besser machen geht, darf man dann auch nicht kneifen. Tu’ ich auch nicht.

Nachdem ich kein gutes Haar an Dr. Chatzimarkakis Präsentation auf dem CeBIT-RFID-Forum gelassen habe, möchte ich in diesem Artikel zeigen, wie man es besser machen kann.

Ich beschränke mich aber auf einen Aspekt seines Vortrags, statt den gesamten Vortrag zu besprechen – schließlich wollen wir uns ja auf das Wesentliche konzentrieren. Dazu greife ich mir den Mittelteil des Vortrags heraus, in dem es um eine Workshop-Reihe geht, die die EU zur Meinungsfindung nutzen möchte, um ihre Entscheidungen zum RFID-Thema vorzubereiten. Ich schlage vor, Sie lesen die entsprechenden Folien einmal zügig durch und überlegen dann, ohne erneut auf die Folien zu schauen, was bei Ihnen hängen geblieben ist.

Beispielfolie 1Beispielfolie 2Beispielfolie 3Beispielfolie 4Beispielfolie 5Beispielfolie 6

Was sind eigentlich die wesentlichen Aussagen auf den Folien? Offenbar gibt es fünf Workshops, die sich mit verschiedenen Aspekten des RFID-Themas beschäftigen sollen. Die Workshops legen einen Bericht vor, der in die Beschlüsse zum europäischen Forschungsförderprogramm einfließt (dem framework programme 7, FP7). Das zumindest sollten Sie behalten haben. Idealerweise kennen Sie noch die Kernthemen der Workshops, denn damit haben Sie einen guten Überblick über die Tragweite des RFID-Themas.

Diese Informationen kann man im Prinzip sogar mit einer einzigen Folie transportieren, die vielleicht so aussehen könnte (wie viel behalten Sie nun?):

workshop series

Um zu dieser Folie zu gelangen, habe ich folgendes getan:

  1. Der ursprüngliche Folienhintergrund lenkt vom Text ab, er ist viel zu unruhig und vermindert den Kontrast. Der sehr kleine Text ist dadurch schlechter zu lesen. Ich habe den Hintergrund gelöscht und durch einen dezenten einfarbigen Hintergrund ersetzt, der einen guten Kontrast zum Vordergrund erlaubt und sich nicht selbst in den Vordergrund drängt.
  2. Die wesentliche Information ist in sehr großer Schrift hervorgehoben. Es ist sofort sichtbar, dass es eine Workshop-Reihe geben wird.
  3. Die langweilige Arial-Schrift habe ich durch die plakativere und modernere Haettenschweiler ersetzt. Das passt auch stilistisch besser zu dem Technologie-Thema RFID.
  4. Der ursprüngliche Text ist vollständig von der Folie verschwunden. Die wesentlichen Punkte, die beim Zuhörer hängen bleiben soll, sind aufgeführt, mehr nicht. Alle weiteren (nicht so wichtigen) Details können mündlich gegeben werden, oder auf weiteren Folien besprochen werden (s.u.).
  5. Den fünf Workshops habe ich je ein sprechendes Icon zugeordnet, damit die jeweilige Thematik auch visuell verstanden wird. Die Icons stammen von iStockphoto (verwenden Sie keine billigen Standardcliparts).
  6. Die Titel der Workshops habe ich auf ein einprägsames Schlagwort reduziert.

Um die Informationen noch besser einzuprägen, kann man zusätzlich je eine Folie zu den fünf Workshops spendieren. Das hat Dr. Chatzimarkakis auch gemacht, doch unterstützen seine Folien durch ihre Informationsfülle nicht die Einprägsamkeit seiner Worte. Besser wäre es vielleicht so:

applicationsresearchprivacystandardsspectrumZusammenfassung

In der ursprünglichen Version wurden auf jeder Folie sehr viele Informationen verpackt, die die Zuhörer ohnehin nicht behalten können, und die daher vom Wesentlichen ablenken. Stattdessen habe ich folgendes getan:

  1. Icon und Schlagwort von der Übersichtsfolie werden sehr groß platziert.
  2. Das Icon dient als visuelle Erinnerungshilfe.
  3. Das Schlagwort gibt den Kern des Workshop-Themas wieder. Den genauen Titel kann man mündlich geben und im übrigen auf Unterlagen verweisen.
  4. Statt vieler Details wird zu jedem Workshop eine Kernaussage auf die Folie geschrieben, um dem Schlagwort eine konkretere Bedeutung zu geben. Diese dient jedoch nur als Gedankenstütze und kann daher entsprechend klein gedruckt werden (sollte aber mit immer noch 26pt auch aus größerer Entfernung noch gut lesbar bleiben). Als Schriftart habe ich Helvetica Neue, fein, verwendet.
  5. Die letzte Folie fasst das Gesagte noch einmal zusammen und gibt einige Daten als Zusatzinformation.

Alle weiteren Informationen können problemlos mündlich gegeben werden, während die Zuhörer mit den plakativen Folien eine gute Gedankenstütze erhalten, mit denen Sie das Gesprochene verknüpfen können. Die Folien lenken nicht vom Gesprochenen ab, sondern unterstützen optimal das Verständnis. Die Icons veranschaulichen das Thema des Workshops zusätzlich, sodass nicht nur Text, sondern auch visuelle Information im Gedächtnis bleibt.

Natürlich bietet es sich an, einen Flyer für die Workshop-Reihe dabei zu haben, der weitere Informationen enthält. Diese können dann durchaus ausführlicher sein und auch über das Gesagte hinausgehen. Die Zuhörer nehmen dann gleich zwei Dinge mit nach Hause. Die Erinnerung an einen interessanten Vortrag und eine gedruckte Information, zu der Sie durch den Vortrag die richtigen Assoziationen haben.

Zum Abschluss noch einmal die Frage: wenn Sie sich die beiden Foliensätze noch einmal ansehen, welcher vermittelt die Informationen einprägsamer?

Natürlich sind meine Vorschläge nicht die einzige Möglichkeit, die Folien zu verbessern, es gäbe unzählige weitere (und sicher auch noch bessere). Die Vorschläge machen aber anschaulich, was schon mit wenig Aufwand möglich ist, ich habe keine 20 Minuten dafür benötigt.

Weitere Artikel zu dem Thema
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Nachtrag: Einfaches aus Sicht der EU

Wenn alles wichtig ist, ist nichts wichtig

Im letzten Artikel habe ich diese Abbildung verwendet, um zu verdeutlichen, wie in vielen Präsentationen die Kernbotschaft zwischen viel zu vielen Details versteckt wird. Wahrscheinlich haben Sie gedacht: ok, Prinzip verstanden, aber das Beispiel ist ein bisschen extrem, so was macht doch keiner. Irrtum.

So was macht doch einer, z.B. Dr. Jorgo Chatzimarkakis, Mitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung, und Energie des EU-Parlaments, auf dem RFID-Forum der CeBIT 2006.

RFIDs sind kleine elektronische Etiketten, die per Funk ausgelesen werden können und so beispielsweise eine automatische Lagerverwaltung oder Kassen ohne Kassierer ermöglichen könnten. Chatzi, wie er sich selber nennt, hielt dazu einen Vortrag über mögliche EU-Regulierungen. Ein Auszug seiner Folien:

Beispielfolie 1 von Dr. ChatzimarkakisBeispielfolie 2 von Dr. ChatzimarkakisBeispielfolie 3 von Dr. ChatzimarkakisBeispielfolie 4 von Dr. ChatzimarkakisBeispielfolie 5 von Dr. ChatzimarkakisBeispielfolie 6 von Dr. Chatzimarkakis

Wer sich die Mühe macht, die Stichpunkte auf allen 14 Folien zu zählen, kommt auf die unglaubliche Zahl von 79! Alle stehen gleichwertig nebeneinander. Es gibt praktisch keine Hervorhebungen, keine visuellen Hilfestellungen, keine Ordnung außer der Untergliederung des Vortrags auf die verschiedenen Folien.

Auch an den Folien erkennt man nicht, ob sie wichtige Informationen transportieren oder lediglich Zusatzinformationen liefern. Alle Folien verwenden den gleichen nutzlosen Hintergrund, der das Layout sehr unruhig und den Text schwer leserlich macht.

Natürlich kann man einwenden, dass es ja auf den Vortrag ankommt und die Folien nur unterstützenden Charakter haben. Aber: diese Folien unterstützen nicht, sie schaden höchstens. Oder wie viele Vortragende haben sie schon gesehen, die mit solchem Folienmaterial einen guten Vortrag halten? Garr Reynolds von Presentation Zen formuliert das in seinem Buch treffend:

Niemand kann mit Folie auf Folie voller Stichpunkte einen guten Vortrag halten.

Ach ja: um Dr. Chatzimarkakis ein wenig in Schutz zu nehmen. Die Folien zu den übrigen Vorträge auf dem RFID-Forum sehen zwar mitunter ein wenig schicker aus, sind aber nicht wirklich aufgeräumter, und zwar fast ausnahmslos.

Weitere Links zu dem Thema:
Homepage von Dr. Jorgo Chatzimarkakis (mit Chatzi-News)
RFID-Forum der CeBIT 2006
Was bleibt: Einfaches
Buchempfehlung: “Was bleibt” von Chip und Dan Heath
Schlechte Präsentationen schaden dem Image

Schlechte Präsentationen schaden dem Image

Zitrone des Monats

Mit perfekten Präsentationen kann man auch manch mäßige Idee noch gut aussehen lassen. Meisterhaft beherrscht das Apple-Chef Steve Jobs, dem man nachsagt, die Zuschauer mit einem “Reality-Distortion-Field” in seinen Bann zu ziehen, das alle Schwächen von Apples Produkten ausblendet.

Wie man sich aber umgekehrt mit schlechten Präsentationen zum Gespött der Presse machen kann, demonstrierten drei Weltkonzerne auf der diesjährigen CeBIT.

Über 200 Journalisten erschienen zu einer Pressekonferenz von Microsoft, Asus und T-Mobile. Es galt, eine neue Vision zu verkünden: Das mobile Internet für Jedermann. Etwas konkreter heißt das: Der EeePC, ein extrem günstiger Mini-Laptop, läuft nun auch unter Windows und wird von T-Mobile zusammen mit einem mobilen Internetzugang vertrieben.

Was aber die Konzerne auf der Pressekonferenz dazu boten, war mehr als mager. So mager, dass es Spiegel Online gar einen eigenen Artikel wert war, in dem das Magazin erstaunt feststellt:

…hielt es viele Zuschauer nicht mehr auf ihren Plätzen. Nicht, um stehende Ovationen zu geben, sondern um den Raum fluchtartig zu verlassen.

Was war passiert? “PowerPoint-Präsentationen von der Stange” sind noch nichts ungewöhnliches, die gibt’s an jeder Ecke. Dass aber Microsoft schließlich den Fachjournalisten den mittlerweile drei Jahre alten Windows-Live-Dienst detailliert vorführte, ist ein Paradebeispiel von zielgruppenverfehlter Präsentation. Ob da wohl jemand zu einer Präsentation verdonnert wurde: “Machen Sie mal eine Präsentation! Am besten was, was sie schon haben, ohne viel Aufwand!” So etwas haben Sie bestimmt auch schon mal gehört, oder? Ich jedenfalls oft genug.

Vor Begeisterung sprühten die Vortragenden auch nicht gerade. Man beachte zum Beispiel wie Thomas Bauer, Microsofts General Manager OEM EMEA (den Titel muss man sich auch erst mal auf der Zunge zergehen lassen) sagt: “I’m overwhelmed with the response!” Das nimmt man ihm doch richtig ab!? (Im Video ab 0:40 min.)

Zu guter letzt waren alle wesentlichen Informationen bereits aus der Pressemappe zu entnehmen. Ein klassischer Fall von Zeitverschwendung also. Wozu eine Präsentation, wenn man es in einem Text besser und schneller verpacken kann? Gut, man hätte natürlich auch eine bessere Präsentation machen können, oder wie Spiegel Online zusammenfasst:

Eine so gute Idee wie der per Mobilfunk vernetzte Mini-Laptop EeePC hätte eigentlich eine packendere Präsentation verdient.

In diesem Sinn: eine verdiente Zitrone des Monats.

Links zu diesem Artikel:
Wenn Dell Pizza verkaufen würde…

Wenn Dell Pizza verkaufen würde …

Produktpräsentationen gehören zu den schwierigsten Arten von Präsentationen: Wie erklärt man den Zuhörern anschaulich, welche Vorteile ein Produkt bietet? Im Fall von z.B. Pizza ist das offensichtlich: sie muss gut schmecken. Im Fall von komplizierteren Dingen wie Computern ist das schon nicht mehr so klar und auch die größeren Hersteller haben Schwierigkeiten, den Kunden die Vorteile ihrer Produkte zu vermitteln – nicht selten entsteht gar der Eindruck, dass sie sie selber nicht kennen, z.B. in dieser Produktpräsentation der Firma Dell. Dell ist der zweitgrößte Computerhersteller der Welt und man sollte annehmen, dass die Firma die Bedürfnisse ihrer Kunden versteht. Zumindest in dem folgenden Fall war das aber offenbar nicht der Fall.

Vergangenen November präsentierte Dell auf einer Konferenz ein neues Notebook, das Latitude XT, das mit einem neuartigen berührungsempfindlichen Monitor ausgestattet ist. Durch Tippen mit dem Finger kann man den Computer über den Monitor steuern, ohne eine Maus oder eine Tastatur zu benötigen. Verwendet man mehrere Finger gleichzeitig (und das ist das Neue) sollen ganz neue Anwendungen und Bedienkonzepte für Computer möglich werden (einen Vorgeschmack lieferte übrigens Apple mit dem ebenfalls multitouchfähigen iPhone). Firmenchef Michael Dell leitete die Präsentation ein und sprach von “der besten Touch-Technologie”, die verfügbar sei. Dell habe damit “einige ziemlich interessante Dinge getan, die nie zuvor getan wurden”. Was dann jedoch folgt, ist eine Präsentation, die völlig an den Bedürfnissen der Kunden vorbei geht und vor allem die aus Sicht der Entwickler schwierigen technischen Herausforderungen in den Vordergrund stellt, anstatt neuartige Anwendungen, die für die Kunden interessant sind, zu demonstrieren. Bei YouTube gibt es die Präsentation zu sehen:

Ungefähr bei 0:45 min übernimmt Dell-Chefentwickler Kevin Kettler und demonstriert die “ziemlich interessanten Dinge”: Das Erste, was es von dem Laptop zu sehen gibt, ist eine sog. Debug-Anwendung, die Dell in seinen Labors zum Testen der Multitouch-Monitore verwendet (ab etwa 1:15 min):

Screenshot von Dells Debug-Anwendung zum Testen der Multitouch-Monitore
Dell-CTO Kettler demonstriert die Multitouch-Technologie und berührt den Monitor mit fünf Fingern

Das mag aus Entwicklersicht ungeheuer spannend sein; immerhin handelt es sich um eine Technologie, die es so bei Notebooks noch nicht zu kaufen gibt und die also aus Ingenieurssicht sehr interessant ist. Aber: Was hat der Kunde davon? Warum sollte man fast 1400,- € mehr für das Latitude XT ausgeben als für das bis auf das schwenkbare Multitouch-Display vergleichbare Latitude D430? Natürlich hat Kettler darauf eine Antwort. Als eine mögliche Anwendung zeigt er ein Malprogramm, bei dem man mit mehreren Fingern gleichzeitig Striche malen kann:

Screenshot eines Malprogramms, mit dem man mehrere Striche gleichzeitig malen kann
Dell zeigt eine Anwendung der Multitouch-Technologie


Im Ernst: Wann haben Sie zum letzten Mal das Bedürfnis verspürt, mit Ihrem Business-Laptop solche Zeichnungen zu machen, für die Sie jedes Kindergartenkind auslachen würde? Erst zum Schluss zeigt Kettler die Anwendung, die alle schon von Apples iPhone kennen und für die man schon eher einen Nutzen erkennen kann (nebenbei bemerkt: die Anwendungen startet Kettler über die herkömmliche Tastatur, nicht etwa über den Multitouch-Monitor):


Screenshot einer Fotoanwendung zur Demonstration der Multitouch-Fähigkeiten des Latitude XT
Dells Multitouch-Display ermöglich das Skalieren und Drehen von Fotos mit der Hand

Offenbar fällt es Kettler enorm schwer, seine Entwicklerperspektive zu verlassen und aus Kundensicht zu denken. Natürlich steckt viel Aufwand darin, solch eine neue Technologie überhaupt so weit zu entwickeln. Natürlich ist man als Entwickler dann auch stolz darauf, die technischen Herausforderungen gemeistert zu haben, und möchte auch anderen zeigen, wie gut die Erkennung der fünf Finger einer Hand tatsächlich funktioniert. Die Wahrheit ist jedoch:

Es interessiert die Kunden nicht, wie schwierig es war, eine Technologie zu entwickeln. Es interessiert nur, was man damit tun kann (und zu welchem Preis).

Diese Erkenntnis mag auf den ersten Blick deprimierend sein. Aber wenn man sie nicht erst bei der Produktpräsentation, sondern bereits bei der Entwicklung selbst im Hinterkopf berücksichtigt, wird sie im Endeffekt sogar helfen, bessere Produkte zielgerichteter zu entwickeln.

Dellicious Pizza

Um das noch ein bisschen plastischer zu machen, stellen wir uns doch einfach einmal vor, Dell-CTO Kettler würde Pizzas verkaufen und hätte eine neue Geschmackskomposition entworfen, die echt lecker aussieht:

chemischer Laborversuch

Bei der ersten Präsentation dieser neuen Pizza würde Kettler die Vorteile des Herstellungsverfahren erläutern und zeigen, wie die Entwickler (sprich: Köche und Lebensmittelchemiker) im Labor die Zutaten analysieren und auf geschmackliche Reinheit überprüfen. Würden Sie durch diese Reagenzgläser zum Probieren der Pizza angeregt?

Fassen wir noch einmal zusammen:

  1. Als Entwickler ist man (zu recht) stolz auf neue Entwicklungen, insbesondere wenn es sich um etwas handelt, was noch niemand vorher erreicht hat. Natürlich möchte man zeigen, welche technischen Herausforderungen man dafür meistern musste.
  2. Kunden (oder allgemein die Zuhörer) interessiert nicht, wie groß die technischen Herausforderungen waren, sondern z.B. welchen Nutzen sie von einem Produkt haben und was es sie kostet.
  3. Es ist daher notwendig, aus der Perspektive der Kunden (bzw. Zuhörer) zu präsentieren, nicht aus der Perspektive des Entwicklers.

Welchen Eindruck Dell mit der Multitouch-Präsentation hinterlassen hat, lässt sich übrigens sehr schön an dem Kommentar von YouTube-Mitglied tc240sx ablesen: “ok so, basically what they’re saying is, ’we’ve added a new way to interface with a computer….but we really haven’t figured out anything useful to do with it yet’ “. (Ok, also im Wesentlichen sagen sie: “wir haben einen neue Methode zur Interaktion mit Computern gefunden… aber wir haben wirklich noch keine Idee, wie man damit irgendetwas sinnvolles anstellen kann”).

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Dr. Michael Gerharz